Amleth ist entschlossen: Er wird Rache üben, denn das ist sein Schicksal.

Copyright: Aidan Monaghan / Universal Pictures

„Ich werde dich rächen Vater, ich werde dich retten Mutter, ich werde dich töten Fjöllnir!“ Aus diesen gesprochen Worten könnte man vielleicht, so man sich vorher noch kein Bild von The Northman gemacht, schon in etwa ableiten, worum es im neusten Film von Robert Eggers geht. Es ist ein Epos über Verlust, Rache und Liebe, das von Symbolik und Brutalität nur so strotzt.

Amleth erwartet freudig seinen Vater, den Wikingerkönig Aurvandil, der gerade von einer Schlacht nach Hause gekehrt ist. Obwohl er noch ein Kind ist, will sein Vater ihm die Macht über das Reich übergeben, da er seine eigenen Kräfte schwinden sieht. Doch dazu wird es nicht mehr kommen, denn sein eigener Bruder, Amleths Onkel Fjölnir, bringt den Vater vor dessen Auge um – und will auch ihn auslöschen. Amleth schafft es zu entkommen und schwört sich ein, in ein ewiges Rachegelüst, das er zeitlebens für sich aufsagt. Als er älter ist, versucht er sich als Sklave in das neue Herrschaftsgebiet seines Onkel zu schleichen und trifft dabei auf die slawische Sklavin Olga, mit der er zusammen einen Plan schmiedet. Er will um jeden Preis seinen Schwur einlösen.

The Northman ist kein Kind von Traurigkeit, vor allem nicht, wenn es um die Inszenierung geht. Robert Eggers neuester Film geht an die Nieren, denn er ist unbarmherzig mit dem Gemüt des Zuschauers. Die geschworene Rache Amleths, sein Weg zu Fjölnir, all das ist gepflastert von Gewalt, Blut und Leichen. Es fliegen Köpfe, Eingeweide werden rausgerissen. Der Film strotzt vor Leid, das Egers und sein Kamermann Jarin Blaschke mit brutaler Härte in Szene setzen. The Northman hat kaum freudige Momente, doch diese wenigen wirken auf einen wie Balsam in einer immerzu brutalen Welt. Ganz egal ob es die Natur, die eigene Familie oder blutrünstige Berserker sind. Sie alle stellen eine Gefahr für das Leben der Menschen dieser Zeit dar. Wie einer Naturgewalt stürzen sich Menschen auf andere, um sie auszulöschen.

Amleth bekommt bei der Durchführung seines Rachplans Hilfe von Olga. Sie versucht ihn jedoch, ihn vor seinem Schicksal zu bewahren.

Copyright: Aidan Monaghan / Universal Pictures

Die wechselnden Schauplätze von The Northman sind atemberaubend schön und rau. Zu Anfang spüren wir die Kälte de Schnees, der das Dorf von König Aurvandil umgibt. Als Amleth seinen Onkel Fjölnir aufspürt, haust dieser in einer Siedlung in Island. Auch hier spürt man regelrecht den ständigen Sturm und die Kälte, die über das Meer zum Dorf getragen wird. Vor allem zeigt Kameramann Jarin Blaschke wieder seine wahre Kunst, wie bereits zuvor in The Lighthouse. Die Kostüme und Schauplätze sehen unglaublich gut aus und strotzen vor Detailverliebtheit. Alexander Skarsgard, der den erwachsenen Amleth spielt, kann seine Physis und Mimik perfekt einsetzen, um den rachsüchtigen Sohn zu verkörpern. Doch nicht nur das, man merkt ihm auch seine langsame mentale Gebrechlichkeit an, als er neue Gefühle und Windungen seines doch so klaren Plans durchlebt.

Und noch eine Parallele umgibt beide Filme: Eggers Hang zur Symbolik spielt auch in The Northman eine große Rolle. Einige der Szenen spielen sich lediglich im Kopf des Protagonisten Amleth ab oder wirken so verzerrt, dass man sich fragen muss, ob sie wirklich real sind. Hinzu kommt die oft bedrohlich Musik und mystischen Klänge der Wikinger. Hier verschwimmt die reale Welt und die der nordischen Mythen um ihre Götter und das Schicksal der Menschen. Auch Amleth hinterfragt diese Gegebenheit nie, denn sie stellen häufig erst den richtigen Antrieb seines Plans. Sein Schicksal, in den Visionen erlebt, sieht er als gegeben und unumkehrbar an. Diese Szenen sind irrsinnig gut inszeniert, weil sie in der sonst eher überschaubaren Geschichte Fragen aufwerfen. Sie geben Antrieb, nicht nur Amleth, sondern auch dem Film selbst und geben ihm damit seine schillernde Besonderheit in dem sonst so dreckigen und brutalen Norden.

Man ist gebannt von diesen Bildern, der Kraft der Inszenierung. Und ist froh, im Hier und Jetzt zu leben.

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